Durch den Spiegel in
Guantanamo
von Jane Franklin
Alice: Wenn die Bush Regierung die Kontrolle über den amerikanischen Marinestützpunkt in Guantanamo (Cuba) behalten will, warum argumentiert sie dann vor dem höchsten Gericht, damit dass Cuba volle Souveränität besitzt?
Humpty-Dumpty: Was für einfache Fragen du stellst. Weil, wenn Cuba volle Souveränität besitzt, dort das amerikanische Gesetz nicht greift und somit die 600 Männer und Jugendlichen, die von der Bush Regierung ‚feindliche Kämpfer’ genannt werden keinerlei legale Rechte nach amerikanischem Gesetz besitzen. Das ist übrigens das Argument, das von dem Anwalt der Bush Regierung am 20. April vor dem obersten Gerichtshof vorgebracht wurde. In Wirklichkeit ist Cuba in diesem speziellen Gebiet seit das Spanische Königreich die Insel, die damals schon Cuba genannt wurde, im 15. Jahrhundert eroberte, nicht mehr souverän gewesen.
1898, vier Jahrhunderte später, erklärte der amerikanische Kongress den Krieg gegen Spanien. Während die Vereinigten Staaten das den Spanisch-Amerikanischen Krieg nennen, nennt es Cuba eine amerikanische Intervention in ihren zweiten Unabhängigkeitskrieg. Während in Washington behauptet wurde, dass sie in den Krieg zogen um Cuba zu befreien, führten sie in Wirklichkeit Krieg um die spanischen Kolonien – Guam und die Philippinen im Pazifik und Puerto Rico und Cuba im Atlantik - zu erobern.
Nachdem sie den kubanischen Rebellen, die die spanischen Kolonialherren beinahe besiegt hatten, den Sieg weggeschnappt hatten, hielten die amerikanischen Truppen die Insel, einschließlich dem Hafen in der Bucht von Guantanamo vier Jahre lang besetzt. Im Tausch gegen den Abzug der Truppen stimmte die kubanische, von Washington eingesetzte Regierung, zu den Platt Zusatz, der in den USA bereits Gesetz geworden war (vergleiche das Helms-Burton-Gesetz 1966 ein Jahrhundert später) in Cubas neue Verfassung aufzunehmen. Durch die Umwandlung der Insel von einer spanischen in eine neoamerikanische Kolonie führte der Platt Zusatz faktisch zur Kontrolle von Cuba durch Washington.
Zwischen den Plünderungen, die der Platt Zusatz legalisierte war auch die Erlaubnis die 45 Quadratmeilen Zone auf beiden Seiten der Bucht von Guantanamo zu pachten. Daraus wurde der Marinestützpunkt von Guantanamo nahe der Südspitze von Cuba, einer strategisch günstigen Position in der Karibik und gleichzeitig ein Tiefseehafen, der von unschätzbarem Wert für Cuba wäre, wenn die Kubaner die Kontrolle über ihn hätten.
Die kubanische Regierung, die ihre Ernennung Washington verdankte, unterschrieb 1903 die schriftliche Vereinbarung, dass der Pachtvertrag für Guantanamo solange nicht ausläuft, bis sich beide Seiten mit seiner Auflösung einverstanden erklären. Die derzeitige kubanische Regierung verlangte am 5.März 1959, dass Washington seine Besetzung der Guanatamo Provinz beendet. Doch Washington „pachtet“ das Land weiterhin, der ursprüngliche Preis betrug 2000 US$ in Gold pro Jahr, heute sind es 4085 US$ in Form eines Schecks, den Havanna seit 1959 nicht mehr eingelöst hat.
Der Pachtvertrag besagt, dass das Gebiet „nur als Kohleabbaugebiet oder als Marinebasis und zu keinem anderen Zweck“ genutzt werden darf. Doch Washington hat Guantanamo schon immer für jeden Zweck genutzt, der ihm gefiel. Als die Bush Regierung den Krieg in Afghanistan begann, verwandelte das Verteidigungsministerium den Marinestützpunkt in ein Konzentrationslager für mehr als 600 Gefangene aus Afghanistan und mindestens 43 anderen Ländern. Da sie als „feindliche Kämpfer“ eingestuft werden, besitzen sie nicht das Recht ihre Haft in irgendeinem Gericht der Welt anzufechten. Es wurden keine Anklagen gegen sie eingereicht. Sie haben keinen Zugang zu Anwälten. Sie bekommen keine Gerichtstermine für Anhörungen oder Prozesse. Kurz gesagt, sie haben kein Recht auf Überprüfung des Verfahrens (habeas corpus).
Die Anfechtung dieser unbefristeten Vorhölle ist jetzt in den Händen des obersten Gerichtshofes. Es haben Anhörungen von Anwalt John Gibbons im Namen der Kläger, die in Guantanamo gefangen gehalten werden und von dem amerikanischen Staatsanwalt Theodore Olson, im Namen des Präsidenten George Bush stattgefunden. Die Bush Regierung hält an ihrer Behauptung fest, dass Cuba „vollkommene Souveränität“ auf dem Gebiet des Guantanamo Marinestützpunkts besitzt und deswegen die US Gerichte keinen Einfluss auf die Geschehnisse dort haben. Aber wie Gibbons bei seiner Argumentation vor dem Gericht darlegte, würde das „zu einer gesetzeslosen Enklave führen, die die Exekutive von jeglicher juristischen Untersuchung jetzt oder in der Zukunft ausnehmen würde.“
Seit die amerikanischen Militärs die Insel von den Spaniern übernommen haben, haben sie den Marinestützpunkt in Guantanamo nie wieder verlassen. Es ist als ob eine ausländische Macht ein Areal auf beiden Seiten des Hudson River in New York und in New Jersey oder beide Seiten der Bucht von San Francisco besetzen würden. Cuba hat wiederholt gegen die illegale Besetzung seines Gebietes durch eine ausländische Macht protestiert. Am 15. April schlug Cuba der Menschenrechtskommission eine Resolution vor, die die Menschenrechtsverletzungen in dem Konzentrationslager auf kubanischem Gebiet verurteilt hätte. Obwohl Cuba die Resolution vorübergehend zurückgezogen hat, betont der Außenminister Felipe Perez Roque, dass die Resolution nur verschoben wurde und in einem Forum das Cuba angemessen erscheint, wieder angesprochen werden wird.
Egal wie der amerikanische Gerichtshof entscheiden wird, falls Cuba tatsächlich auf dem Gebiet des Marinestützpunkts von Guantanamo Souveränität besitzen würde, würde das Konzentrationslager nicht existieren. In der Vergangenheit hat Cuba angeboten das ganze Gebiet in ein regionales Gesundheitszentrum für die gesamte Karibik zu verwandeln.
Anmerkungen:
***
Historian Jane Franklin is the author of Cuba and the U.S. Empire: A Chronological History.
E-mail
Jane Franklin: janefranklin@hotmail.com